Entstehungskontext

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Peter Handkes Theaterstück Selbstbezichtigung entstand eigens für eine vom Verleger Siegfried Unseld in Aussicht gestellte Buchpublikation seiner Stücke in der edition suhrkamp, für die der Umfang seines ersten Stückes Publikumsbeschimpfung alleine nicht ausreichte. Ein weiteres kleines Stück mit dem Titel Weissagung von 1964 hatte Handke bereits fertig. In einem Brief an den Suhrkamp Verlag vom 23. November 1965 stellte er ein drittes Stück in Aussicht: »Außerdem habe ich noch einen Stückplan "im Kopf": zu diesem aber ist mir der Knopf noch nicht ganz aufgegangen.« Allerdings schon im Nachsatz des langen Briefes war ihm »[…] auch das 3. Stück klar geworden. Es soll "Beichte" heißen und dauert ca. 30 Minuten. Es sprechen ein junger Mann und eine ebensolche Frau. Die Thematik ist ähnlich sprachintern wie bei den zwei ersten. Aufgebaut ist es aus Redensarten, die die Beichtenden in der Kirche gebrauchen ("Ich habe den Namen Gottes totgeschwiegen, ich habe sündige Gedanken gehabt etc."), die Welt wird in Beichtformeln gefaßt. Ich möchte diese unlogisch reihen und untersetzen mit nichtssagenden Aussagen als Kontrast: ("Ich bin über Straßen gegangen") sowie mit juristischen Formeln ("Ich habe mir fremdes Gut angeeignet"). Gebeichtet wird ans Publikum. Es ist ein ähnliches Beatband-Stück wie die zwei ersten. Dazu habe ich eine kleine Abhandlung über die Beatles geschrieben, die man dem allen voranstellen könnte. Bitte, schreiben Sie, ob Sie damit einverstanden wären. Und Entschuldigung noch einmal. Ihr P.H.« (Handke / Unseld 2012, S. 23ff.)

Peter Handke schrieb das Stück anschließend in der Zeit von Ende November bis Ende Dezember in Graz, wo er zu dieser Zeit im vierten Jahr Rechtswissenschaft studierte. Noch am letzten Tag der Weihnachtsferien teilte er Siegfried Unseld in einem Brief vom 5. Jänner 1966 mit, dass er die Arbeit an Selbstbezichtigung – der Titel »Die Beichte« hatte sich noch während der Bearbeitung geändert – kurz vor Weihnachten abgeschlossen habe. Das Typoskript dieser letzten Fassung schickte er gleich nach dem Brief Anfang Jänner an den Verlag (Handke / Unseld 2012, S. 28).

Karlheinz Braun, der damalige Leiter des Suhrkamp Theaterverlags, kümmerte sich sofort um eine Herstellung der Textbücher und vermittelte das Stück zusammen mit dem zweiten kurzen Sprechstück Weissagung an die Städtischen Bühnen Oberhausen und den dortigen Regisseur Günther Büch (DLA, SUA, A: Suhrkamp Verlag, Verlagskorrespondenz). Die Uraufführung fand am 22. Oktober 1966 statt, nicht einmal ein halbes Jahr nach Handkes Auftritt in Princeton und der Aufsehen erregenden Uraufführung von Publikumsbeschimpfung in Frankfurt. Kurz zuvor, im Herbst 1966, erschien der edition suhrkamp-Band Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke. (kp)

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