Die Wiederholung; Kindergeschichte; Dramatisches Gedicht; Die Lehre der Ste Victoire; Über die Dörfer

Notizbuch, 190 Seiten, 07.11.1979 bis 30.10.1980

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Beschreibung

Handke datiert das Notizbuch am Vorsatzblatt von »7.11.1979 - 30.11.1979« und von »26.1.1980« bis »27. Juli 1980«. Tatsächlich stammen die Notizbucheinträge von 7. bis 30. November 1979, vom 26. Jänner 1980, und vom 27. Juli bis 30. Oktober 1980. Weshalb die Einträge Ende November 1979 unterbrochen wurden, ist unklar. Am vorderen Vorsatzblatt vermerkt sind die Folgeprojekte von Langsame Heimkehr, das nun abgeschlossen ist: »Die Wiederholung«»Kindergeschichte«»Dramatisches Gedicht«»Die Lehre der Ste Victore« und »Über die Dörfer«. Der letzte Titeleintrag könnte auch später dazugeschrieben worden sein. Aber auch die anderen Titel könnten später eingetragen worden sein. Oder aber es ist der Hinweis, dass Handke schon 1979 die Folge-Projekte bis 1986 (Die Wiederholung) in Planung hatte.

Der hintere Vorsatz umfasst inhaltlich die Seiten 188 bis 190, sowie die drei unpaginierten Seiten I*-III*. Dabei sind auf den Seiten 188 und 189 noch die letzten datierten Einträge vom 29. und 30. Oktober zu finden, den großteil des Raums nehmen aber Reisenotizen, Ortsnamen, Uhrzeiten, Namen und Telefonnummern ein. Vereinzelt notierte Handke Wörter auf griechisch, zwei Entwürfe für eine Postkarte an Nicolas Born auf den Seiten 190 und I* wurden wieder durchgestrichen. Auf Seite II* ist neben Adressen, Namen und Telefonnummern das Gedicht Ein Wort von Gottfried Benn zitiert.

Bis 27. November 1979 arbeitete Handke auch an der ersten Fassung seiner Übersetzung von Walker Percys The Moviegoer. Auffällig ist, dass während der letzten Übersetzungstage von 22. bis 27. November die Notizbucheinträge immer kürzer werden. Ab 27. Juli dokumentiert das Notizbuch Handkes Reise nach Kärnten, in den slowenischen Karst und nach Italien, von der er am 8. September nach Salzburg zurückkehrt. Ab 8. Oktober schreibt er an der ersten Fassung seines »Dramatischen Gedichts« Über die Dörfer, auch ab diesem Zeitpunkt verkürzen sich die Notizbucheinträge wieder merklich und fokussieren ab Schreibbeginn zunehmend auf das Stück und auf die Arbeit am Text. Zahlreiche griechische antike Dramen liest Handke ab September 1980 in Vorbereitung auf Über die Dörfer, ebenso die Sprüche des Tao Te King (»die Arbeiter sind Taoisten«, 19.10., S. 177). Am Vorsatzblatt steht auch Handkes Adresse in Salzburg.

Zum Beginn des Notizbuchs am 7. November befindet sich Peter Handke zu Hause in Salzburg, wo er den ganzen November bleibt. Auch in der Zeit ab 27. Juli ist er in Salzburg. Ortsnamen, die er im November 1979 nennt, befinden sich in und um Salzburg, z.B. Anif (24.11., S. 23), Großgmain (27.11., S. 24). Ab 12. August ist Handke bis 18. August unterwegs in Kärnten und dann ab 19. August im slowenischen Karst, wo er mehrere Tage zu Fuß ging und mehrere Touren unternahm, ausgehend von Nova Gorica (19. August bis 26. August). Danach Fahrt nach Italien und Ankunft in Venedig am 28. August. Während der Karstreise ab Mitte August 1980 vorwiegend Notizen für Die Wiederholung und punktuell zu Über die Dörfer. Am 28. August Ankunft in Venedig, Treffen mit Siegfried Unseld (vgl. Handke / Unseld 2012), ab dort auch gemeinsamer Aufenthalt mit Tochter Amina. Rückreise nach Kärnten am 3. September über Udine, dort Fahrten ins Lesachtal und Gailtal (4. bis 7. September), ein Aufenthalt in Villach am 8. September und die Rückkehr nach Salzburg am 9. September 1980. Ab diesem Datum sind nur einzelne Orte in und in der Nähe von Salzburg notiert (z.B. St. Wolfgang oder Anif).

Der Alltag mit seiner Tochter Amina dringt immer wieder in die Aufzeichnungen ein: »Sonntag morgen, und nichts sonst als "Ich und das Kind", Dasein, Langsamkeit, Glück« (18.11.1979, S. 14). Auch der nahende Tod von Nicolas Born kündigt sich in kleineren Randbemerkungen an: »"Mit mir wird nichts mehr" (N.)« (17.11.1979, S. 13), »auch bei bloßen Gedanken an den Sterbenden: nichts kann man ihm erzählen« (30.11., S. 27).

Notizen über Gemälde im November 1979 als Erinnerungen an die zurückliegenden Museumsbesuche. Auch Notizen über eigene abgeschlossene Werke: Der Hausierer (16.11., S. 12), Langsame Heimkehr, Die Sinnlosigkeit und das Glück (19.11., S. 17), Die Stunde der wahren Empfindung (20.11., S. 19). Nach Rückkehr von der Karstreise am 8. September wieder einige Notizen zu Gemälden aus früheren Museumsbesuchen (9.9., S. 126). Verstärkte Lektüre antiker Dramen, Nietzsche und Rilke ab September 1980 in Salzburg. Schreibbeginn an Über die Dörfer am 8. Oktober 1980, parallel dazu Lektüre von Nietzsche und Antiken Dramen.

Über das Notieren: »auch das Mistige ist schön (wenn es ein Ding ist) [so wie dieses Notizbuch]« (30.9., S. 155)

Zur Tetralogie Langsame Heimkehr benennt Handke die dazugehörigen Werke am 15. Oktober, allerdings noch ohne Über die Dörfer mit einzubeziehen: »"Zuerst kam die Geschichte vom schönen Wasser, von Sonne und Schnee. Daraus folgte die Geschichte der Namen. Und jetzt die Geschichte eines Kindes. Alles zusammen soll 'Langsame Heimkehr' heißen – Der Weg ist leer. Die Stadt ist unten. Das Dorf ist groß. Die Weite gilt." (Für "Kindergeschichte") [Klappentext]« (15.10., S. 173)

Werkbezüge

Kindergeschichte

Mit diesem Notizbuch setzt Handke seine losen Projektnotizen zu Kindergeschichte mit gesteigerter Dichte fort, auffällig sind die laufenden Beobachtungen seiner eigenen Tochter, Zitate aus der Literatur zur Kindheit oder Selbstreflexionen über das Schreibprojekt (»Wann wurde mir deutlich, daß ich von dem Kind eine Geschichte zu erzählen hatte?«, 11. November 1979, S. 8). Aus noch nicht ermittelten Gründen unterbricht er seine Aufzeichnungen in diesem Buch jedoch am 30. November 1979, an dem er auch die Lektüre der 6. Olympischen Ode des Pindarus dokumentierte, deren Verse 60-63 am Ende der Kindergeschichte stehen. Das Notizbuch setzte er erst nach der Fertigstellung der ersten Textfassung Ende Juli 1980 fort. In der Zwischenzeit beschreibt Handke drei andere Notizbücher, von denen zwei ebenfalls für die Entstehung von Kindergeschichte relevant sind. Lediglich von Dezember 1979 – März 1980 konzentriert er sich ganz auf seine Erstfassung von Die Lehre der Sainte-Victoire und notiert nur nebenbei zu Über die Dörfer. Als die erste Textfassung von Kindergeschichte abgeschlossen ist, beginnt Handke wieder in dieses Notizbuch zu schreiben. Auf den Spuren seiner eigenen Kindheit, die einen entscheidenden Hintergrund für die Erzählung darstellt, bereist er im Juli und August 1980 Kärnten, Italien und den slowenischen Karst. Wie bedeutend diese Reise noch für die Entwicklung der zweiten Textfassung ist, ist unklar. Wahrscheinlich ist eher eine Arbeitspause an Kindergeschichte. Dennoch zeigt sich anhand der Reisenotizen, dass sich Werkprojekte wie Kindergeschichte, Über die Dörfer und auch Die Wiederholung an den von Handke bereisten Orten begegnen. Notate (oftmals mit den Vermerken »Einf.« oder »Korr.«) zu Kindergeschichte lassen sich in diesem Notizbuch wieder ab dem 28. August (in Venedig) feststellen, als er die Überarbeitung der Erzählung zur zweiten Textfassung in Angriff nahm: »Ich ging eine Stunde auf und ab, bis wenigstens 1 Wort wirklich wurde: dann erst traute ich mich ins Haus an die Arbeit (Kindergeschichte)« (29. August 1980, S. 101). Noch bis Mitte September tauchen vereinzelte »Einfügungen« im Notizbuch auf. (ck)

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Die Lehre der Sainte-Victoire

Der Projekttitel »Die Lehre der Ste Victoire« wird erstmals in diesem ab 7. November 1979 geführten Notizbuch auf dem vorderen Vorsatzblatt angegeben, obwohl vielmehr bei den chronologisch davor entstandenen Notizbüchern essenzielle Inhalte für die Textentstehungzu finden sind. In diesem Fall kommen lediglich die Notizen von 7. bis 30. November 1979 infrage, da Handke nach einer Unterbrechung das Buch erst am 27. Juli 1980, also nach erfolgter Fertigstellung von Die Lehre der Sainte-Victoire, fortsetzte.

Die relevanten Einträge sind textgenetisch wenig aussagekräftig, was mitunter damit zusammenhängt, dass Handke im fraglichen Zeitraum vorwiegend an der Übersetzung von Walker Percys The Moviegoer arbeitete. Vereinzelt schrieb Handke, markiert mit Abkürzungen wie »(Céz.)« oder »(C.)« Bemerkungen zu Bildern Paul Cézannes auf, die allerdings nicht in der Erzählung verarbeitet wurden. Den Begriff der »Lehre« erwähnt er in Bezug auf Cézanne nur einmal am 10. November 1979: »C. zeigt diese Landschaft – und zeigt, wie es ist, in C's Bildern ist immer eine Lehre [...]« (S. 6). Eine Notiz, die mit dem Werktitel »Die Lehre der Ste Victoire« überschrieben ist, findet man am 22. November 1979: »daß jede Alltäglichkeit eine Lehre ist, das in den Topf rinnende Wasser, es gibt ein Beispiel der Ruhe und Gutartigkeit (nicht ganz erfaßt) [des Friedens]« (S. 22) – auch zu dieser Notiz gibt es keine Entsprechung im späteren Text der Erzählung. Kurz vor der Bucherscheinung am 9. September 1980 fällt eine Notiz auf, die Handke nach seiner sommerlichen Karstreise 1980 in Rom festhielt und die eine Kapitelüberschrift aufgriff, aber von keiner Bedeutung mehr für die Werkentstehung war: »die Erzählung ist die Handlung / "Der Sprung des Wolfs" [Or.]« (28. August 1980, S. 99). (ck)

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Über die Dörfer

Dieses Notizbuch mit Aufzeichnungen vom 7. bis 30. November 1979, vom 26. Jänner 1980 und vom 27. Juli bis zum 30. Oktober 1980 wurde von Peter Handke am vorderen Vorsatz den Projekten »Die Wiederholung«, »Kindergeschichte«»Dramatisches Gedicht«»Die Lehre der Ste Victore« und »Über die Dörfer« zugeschrieben. Auffällig ist bei dieser Aufzählung, dass das Theaterstück am vorderen Vorsatz sowohl mit dem Titel »Dramatisches Gedicht« als auch mit dem bekannten Werktitel »Über die Dörfer« erwähnt wird. Die doppelte Benennung des Stücks lässt sich damit erklären, dass im Notizbuch Notizen von 1979 und 1980 enthält und die Umbenennung des Stücks vermutlich erst im Jänner 1980 erfolgte. Das Notizbuch kann als Hauptquelle von Über die Dörfer bezeichnet werden, da es erstmals eine über mehrere Seiten verlaufende, intensive Beschäftigung Handkes mit dem Stück dokumentiert. Es begleitet zudem die ersten drei Wochen von Handkes Arbeit an der ersten Textfassung.

Notizen von November 1979

Der erste Abschnitt des Notizbuchs von 7. bis 30. November enthält dabei nur wenige stückrelevante Aufzeichnungen, allerdings ist Handkes in den Notizen transparent werdende Arbeit an seiner neuen, am Klassischen orientierten Poetik auch für das Stück grundlegend. Die zeitliche Lücke zwischen 1. Dezember 1979 und 26. Jänner 1980 füllen die beiden Folgenotizbücher (DLA, A: Handke Peter, Notizbuch 023 u. 024). Der Notizbuchwechsel könnte mit der Neuordnung der Schreibprojekte in Handkes Arbeitsplanung zusammenhängen, die er seinem Verleger Siegfried Unseld in einem Brief vom 2. Oktober 1979 mitteilte. Handke wollte das Theaterstück anfangs unmittelbar nach Langsame Heimkehr schreiben, in der modifizierten Planung zog er Die Lehre der Sainte-Victoire und Kindergeschichte vor (Handke / Unseld 2012, S. 376). Dadurch veränderte sich vermutlich auch die Rangordnung der jeweiligen Projektrecherchen in den Notizbüchern.

Notizen vom 26. Jänner 1980

Die Notizen vom 26. Jänner 1980 entstanden parallel zu Handkes gleichzeitig geführtem Notizbuch von 19. Dezember 1979 bis 1. März 1980 (DLA, A: Handke Peter, Notizbuch 024). Die Einträge verlaufen über vier Seiten und befassen sich ausschließlich mit dem Stück, das er zu diesem Zeitpunkt bereits explizit »Über die Dörfer« nennt oder kurz »ÜdD«. Eine dem Stück zugeordnete Notiz lautet bespielsweise: »Im Wortwechsel ist der studierte Bruder viel unbeholfener als die zwei anderen, "unstudierten" Geschwister ("Über die Dörfer["]); er stottert usw.; und trotzdem beschuldigen ihn die Geschwister: Reden kannst du ja, reden, dabei sind sie viel redegewandter – die Sprache, die gemeine, ist ihnen weit selbstverständlicher« (S. 28).

Die Stücknotizen sind vermischt mit Lektürezitaten aus den Tragödien Elektra und Ödipus auf Kolonos von Sophokles, die Handke mit Hinblick auf Über die Dörfer studierte. In Anlehnung an die Tragödien machte er Aufzeichnungen zu den Schauplätzen oder zu den Figuren und ihren Reden in seinem Stück, oftmals überschneiden sich die Bezüge wie etwa in dem Eintrag: »Die Geschwister reden sich mit "lieben Wörtern" an, sind aber böse zueinander {xxxx [Altgriechisch]}; verbieten zugleich das Grab der Eltern; "diese flehentliche Locke" (für das Grab)« (S. 28). Ein paar Zeilen danach notierte Handke: »"Hier ist der Ort, hier ist es, hier ist es gewesen …" (so ähnlich könnte "Über die Dörfer" anfangen)« (S. 28), oder: »ÜdD: die Besessenheit, das Erreichen-Wollen von etwas muß stumm sein, wortlos (nicht so wortreich wie bei Elektra)« (S. 29). Für die Stückentstehung relevant ist auch eine von Handke notierte und von ihm Franz Grillparzer zugeschriebene Aussage zur Form der Tragödie, an welche eine Reflexion über sein Stück anschließt: »"Bei den Griechen hat sich die Tragödie noch nicht völlig von dem epischen Element getrennt, aus dem es entstanden war, weswegen auch die Schilderung, die Erzählung ein so großes Übergewicht gegen die Handlung hat" (Grillparzer 1834): ja – jetzt wäre das Epische (ÜdD) nötig für die Vergewisserung, und natürlich (Versuch der Vergewisserung der Geschwister durch Erzählung: Weißt du, …): Erzähl mir, erzähl mir noch einmal, erzähl mir noch einmal« (S. 30).

Notizen von Juli bis Oktober 1980

Die Aufzeichnungen vom 27. Juli bis 30. Oktober 1980 enthalten die zentralen Notizen zum Theaterstück. Sie schließen direkt an die Notate des vorhergehenden Notizbuchs von 2. März bis 27. Juli 1980 bzw. 22. Jänner 1981 an (DLA, A: Handke Peter, Notizbuch 025), in dem es noch um die Erzählungen Die Lehre der Sainte-Victoire und Kindergeschichte ging, an. Am 27. Juli 1980, einen Tag nach Beendigung von Kindergeschichte, verreiste Handke nach Kärnten, wo er Notizen für seine Erzählung Die Wiederholung und für sein Stück Über die Dörfer sammelte. Eine erste Serie von Stücknotizen entstand ab 15. August 1980 in Griffen. Dazu fertigte er auch eine Skizze des Friedhofsportals von Stift Griffen an mit der Beschriftung: »Stift Griffen: das Portal zum Friedhof, daneben Briefkasten und Sparkassenfach (links, rechts) [/] Friedhof (grün) [/] Sitzstein« (S. 45). Im Stück wird dieser Ort zum Schauplatz, den Handke in der Regieanweisung beschreibt: »Leerer Platz vor einer Dorffriedhofsmauer mit einem offenen Torbogen. Im Torbogen keine Grabsteinumrisse, nur leuchtendes Grün. [...] Zur einen Seite des Tors, außen an der Mauer, eine Steinbank mit einer deutlichen Mulde.« (ÜDa 70)

Von Griffen reiste Handke nach Slowenien und unternahm von Nova Gorica aus Tagesausflüge durch den Karst. Nachdem er am 26. August in Nova Gorica mehr als fünf Seiten zu Über die Dörfer notiert hatte (S. 91-95), schrieb er in sein Notizbuch: »ÜdD: Jetzt bin ich endlich von der Geschichte besessen (seit dem Nachtclub gestern abend; danke, nackte Tänzerinnen)« (S. 95). Dabei handelte es sich um Notizen zur Konstruktion, zum Aufbau des Stücks, zu den Figuren, den Handlungen, den Reden sowie zum Schauplatz. Eine konkrete Aufbauskizze des Stücks enthält bereits fünf Szenen: »Vorspiel«, »1. Akt«, »Zwischenspiel«, »2. Akt« und ein »Nachspiel«. In dieser Skizze nannte er die Freundin von Gregor noch nicht Nova oder Beatrice, sondern »Isabel«. Die Schlussrede der Nova, ihre Apotheose der Kunst, war hier noch nicht in der späteren Form eingeplant und könnte beim Schreiben der ersten Textfassung entstanden sein. Dieser Idee nach sollte ein »Priester« und dann ein »Dorfphilosoph« sprechen. Handke notierte: »Requisit im Friedhofsakt: Leiter, die der Dorfphilosoph herbeiträgt, an die Mauer lehnt, hinaufsteigt und von dort oben die Mauerschau der Prügelei betreibt und auch seine große Rede hält« (S. 92). An früheren Stellen im Notizbuch aufgeschriebene Ideen wie »ÜdD: Am Schluß die Apotheose der Kunst, nur in den wiederholten Worten: "Über die Dörfer"« (S. 37f.) oder »die Göttin erscheint und verkündet den Trost« (S. 38) dürften dann mit dieser verschmolzen sein.

Schreibbeginn an der ersten Textfassung

Das Notizbuch belegt darüber hinaus den Schreibbeginn und die ersten drei Wochen der Entstehung der ersten Textfassung von Über die Dörfer. Am 8. Oktober 1980 vermerkte Handke: »den Anfang probiert – und ich weiß wieder einmal nicht, ob das Schreiben meine Pflicht ist, oder Vermessenheit [/] der Gegenstand muß mich überwältigt haben – dann kommt die Form« (S. 165). Mit 30. Oktober enden nicht nur die Aufzeichnungen dieses Notizbuchs, es brechen auch Handkes Notizbuchaufzeichnungen zu Über die Dörfer insgesamt ab, sodass die weitere Entstehung des Stücks nicht mehr durch Notizen dokumentiert ist. Das Notizbuch mit Handkes Aufzeichnungen aus dem Zeitraum zwischen dem 31. Oktober 1980 und dem 1. April 1981 gilt bis dato als verschollen. (kp)

Siglenverzeichnis Editorische Zeichen

Die Wiederholung

»Vorstellung vom emsigen Leben in der alten Monarchie ("Die Wiederholung")« (15.11.1979, S. 11); »der Held der "Wiederholung" muß ein "sagenhafter" Held sein« (13.8.1980, S. 43); »Sollte "Die Wiederholung" "Die blinden Fenster" heißen?« (19.8., S. 53); »"die Doline der Sonnenblumen" [...] die drei als die ideale Familie« (23.8.1980, S. 77), »das "blinde Fenster" in Görz: Da fühlt der Held der Wiederholung sich heimisch« (26.8., S. 94)

Abschied des Träumers vom Neunten Land

Für die Bucherstausgabe von Abschied des Träumers vom Neunten Land wurden vier Doppelseiten mit Zeichnungen aus diesem Notizbuch faksimiliert. Es handelt sich um die Motive »das steinerne Bachbett am Wocheinersee« (S. 58-59), »abgestorbener Baum hinter der Kirche« (S. 70-71), »Hingebungsknicke des Mais« (S. 82), »"stara lipa" vor der Kirche von Pliskovica« (S. 83) und »unter dem Vordach der Kirche von Tomaj« (S. 88-89). Diese stammen aus dem slowenischen Karst, wo Handke vom 19. bis zum 26. August, ausgehend von Nova Gorica, zu Fuß mehrere Touren unternahm. (ck)

Siglenverzeichnis Editorische Zeichen

Tabellarische Daten

Titel, Datum und Ort

Eingetragene Werktitel (laut Vorsatzblatt): 

"Die Wiederholung"; "Kindergeschichte"; "Dramatisches Gedicht"; "Die Lehre der Ste Victoire"; "Über die Dörfer" [Bl. I]

Zusätzlich eingetragene Werktitel:  Der Hausierer [16.11., S. 12], Langsame Heimkehr, Die Sinnlosigkeit und das Glück [19.11., S. 17], Die Stunde der wahren Empfindung [20.11., S. 19]; [nicht vollständig erfasst]
Beteiligte Personen:  Amina Handke
Entstehungsdatum (laut Vorlage):  7.11.1979 – 30.11.1979 [/] 26.1.1980 / [/] 27. Juli 1980 [Bl. I]; Nov 79 Jan – Juli 80 [Beilage]; 30. Oktober 1980 [letzter Eintrag, S. 188]; [nicht vollständig erfasst]
Datum normiert:  07.11.1979 bis 30.10.1980
Entstehungsorte (laut Vorsatzblatt): 

Salzburg [Adresse; S. I]

Zusätzlich eingetragene Entstehungsorte: 

Salzburg [10.11.1979, S. 6], Anif [24.11., S. 23], Großgmain [27.11., S. 24], Völkermarkt [12.8.1980, S. 43], Hemmaberg [13.8., S. 43], Globasnitz [13.8., S. 43], Diex [14.8., S. 45], Stift Griffen [14.8., S. 45], Altenmarkt [14.8., S. 48], Pustritz [15.8., S. 50], Tanzenberg [17.8., S. 52], Ludmannsdorf [18.8., S. 52], Jesenice [19.8., S. 52], Bled [19.8., S. 52], Bohinska Bistrica [21.8., S. 61], Ribčev laz [21.8., S. 60], Polje [21.8., S. 61], Crna prst [21.8., S. 62], Sežana [21.8., S. 64], Nova Gorica [21.8., S. 64], Prvacina [22.8., S. 66], Sežana [22.8., S. 67], Vremščica [22.8., S. 67], Gornje Ležeče [22.8., S. 67], Divača [22.8., S. 68], Nova Gorica [22.8., S. 68], Tomaj [23.8., S. 70], Komen [23.8., S. 75], Krajna Vas [23.8., S. 76], Kosovelje [23.8., S. 78], Tomačevica [23.8., S. 78], Stanjel [23.8., S. 79], Kobjeglava [23.8., S. 78], Nova Gorica [24.8., S. 79], Krajna Vas [24.8., S. 80], Pliskovica [24.8., S. 81], Dutovlje [24.8., S. 84], Comeno/Komen [24.8., S. 86], Nova Gorica, Gorizia [25.8., S. 86], Dutovlje [25.8., S. 87], Krajna Vas [25.8., S. 87], Tomaj [25.8., S. 89], Nova Gorica [26.8., S. 91], Gorizia [26.8., S. 94], Triest [26.8., S. 95], Miramare [27.8., S. 97], Lignano [28.8., S. 98], San Marco [Venedig, 28.8., S. 99], Udine [3.9., S. 107], Velden [4.9., S. 108], Villach [4.9., S. 108], Nötsch [4.9., S. 108], Saak [5.9., S. 109], Lesachtal [5.9., S. 111], Dellach im Gailtal [5.9., S. 111], Maria Luggau [5.9., S. 111], St. Daniel [5.9., S. 112], Vorderberg [5.9., S. 112], Nötsch [5.9., S. 112], Wasserleonburg [6.9., S. 114], Feistritz an der Gail [6.9., S. 115], St. Georgen [6.9., S. 115], Labientschach [6.9., S. 116], Göriach [7.9., S. 118], Oisternig [7.9., S. 118], Hohenthurn [7.9., S. 120], St. Job [7.9., S. 121], Fürnitz [7.9., S. 121], Oberrain [7.9., S. 121], Villach [8.9., S. 123], Pusarnitz [8.9., S. 125], Obervellach [8.9., S. 125], Gasteiner Tal [8.9., S. 125], Mozartsteg [Salzburg, 9.9., S. 125], St. Wolfgang [11.9., S. 128], Anif [14.9., S. 135]

Materialart und Besitz

Besitz 1:  Deutsches Literaturarchiv Marbach
Art, Umfang, Anzahl: 

Notizbuch, orange (Marke Tell Notiz), 192 Seiten, I, pag. 1-190, I*-III*

Format:  10 x 14,5 cm
Schreibstoff:  Fineliner (rot, blau, schwarz), Kugelschreiber (blau, rot), Bleistift, Filzstift (braun)
Weitere Beilagen: 

 

  • 1 Papierstreifen mit der Datierung des Notizbuchs »Nov 79 Jan – Juli 80«, eingelegt zwischen S. 18/19

Nachweisbare Lektüren

  • Maurice Blanchot (9.11.1979, S. 3)
  • Ludwig Wittgenstein (9.11.1979, S. 4)
  • Gottfried Keller: Bei einer Kindesleiche (11.11.1979, S. 7); Sinngedicht (17.11./18.11.1979, S. 14-15)
  • Pindar/Pindarus: 1. Olympische Ode (18.11.1979, S. 16); 2. Olympische Ode (25.11.1979, S. 24), 4. Olympische Ode (30.11.1979, S. 26), 6. Olympische Ode (30.11.1979, S. 26)
  • Werner Marx (12.11.1979, S. 8-9)
  • Dane Zajc (13.11.1979, S. 9)
  • Georg Trakl: Trübsinn (17.11.1979, S. 13)
  • Demokrit (20.11.1979, S. 18)
  • Franz Kafka (21.11.1979, S. 20)
  • Sophokles: Elektra (26.1.1980, S. 27-31); Ödipus (24.9.1980, S. 143); Die Trachinierinnen (30.9.1980, S. 156)
  • Franz Grillparzer (26.1.1980, S. 30)
  • Euripides: Medea (27.1.1980, S. 32); Alkestis (28.1.1980, S. 33); Hippolytos (29.7.1980, S. 35); Hekabe (30.7.1980, S. 36); Andromache (31.7.1980, S. 36); Orest (5.8.1980, S. 42); Die Troerinnen (13.8.1980, S. 43); Iphigenie in Tauris (30.8.1980, S. 103)
  • Thukydides: Geschichte des Peloponnesischen Krieges (1.8.1980, S. 36)
  • Kaspar Erhard: Kristusovo življenje in smert (15.8.1980, S. 48)
  • Lukrez: De rerum natura (29.8.1980, S. 101)
  • Paolo Santonino (8.9.1980, S. 124)
  • Aischylos: Prometheus (10.9.1980, S. 126); Sieben gegen Theben (11.9.1980, S. 128); Orestie (13.9.1980, S. 131); Die Perser (17.9.1980, S. 139); Die Schutzflehenden (25.9.1980, S. 148)
  • Aus den Sprüchen von Dodona (10.9.1980, S. 127)
  • Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches (26.9.1980, S. 150); Über Lessing (5.10.1980, S. 160); Der Wanderer und sein Schatten (8.10.1980, S. 166)
  • Rainer Maria Rilke: Sonette an Orpheus (26.9.1980, S. 150); Duineser Elegien (2.10.1980, S. 157)
  • Epikur: Brief an Menoikeus (2.10.1980, S. 157); Brief an Herodotos (13.10.1980, S. 171)
  • Wassily Kandinsky und Arnold Schönberg: Der Briefwechsel (7.10.1980, S. 164)
  • Tao Te King (10.10.1980, S. 167)

Musik:

  • The Beatles: Yesterday (20.8.1980, S. 60)

Bildende Kunst:

  • Pieter Brueghel: Der Betlehemitische Kindermord (9.11.1979, S. 4)
  • Paul Cézanne (9.11.1979, S. 4, 10.11.1979, S. 5-6): Stilleben mit blauer Flasche (10.11.1979, S. 6)
  • Tintoretto: Bildnis eines Prokurators (10.11.1979, S. 5)
  • Jacob Isaackszoon van Ruisdael: Der große Wald (10.11.1979, S. 5); Landschaft mit Wasserfall (28.9.1980, S. 154)
  • Aert van der Neer (10.11.1979, S. 5)
  • Camille Pissarro (10.11.1979, S. 5)
  • Vincent van Gogh (10.11.1979, S. 6)
  • Jacopo Palma il Vecchio (10.11.1979, S. 6)
  • Michael Pacher (11.11.1979, S. 7), Hl. Benedikt (11.9.1980, S. 128)
  • Aelbert Jacobszoon Cuyp (18.11.1979, S. 15)
  • Jan van Goyen: Bauernhöfe mit Heustock (18.11.1979, S. 15)
  • Pieter de Molijn: Dünen (18.11.1979, S. 16)
  • Paula Modersohn-Becker (20.11.1979, S. 18)
  • Gaspard Dughet: Heroische Landschaft mit Figuren (29.11.1979, S. 26)
  • Bernardo Strozzi: Schlafendes Kind (29.11.1979, S. 26)
  • Thomas von Villach: Lucia mit den Augen auf dem Teller (8.9.1980, S. 129)
  • Jakob Canciani (8.9.1980, S. 129)
  • Josef Willroider: Letztes Bild auf der Staffelei; Der auferstandene Christus (8.9.1980, S. 129)
  • Johann Michael Rottmayr: Die Opferung der Iphigenie (9.9.1980, S. 126)
  • Glorie des Hl. Kajetan (9.9.1980, S. 126)
  • Maria in Erwartung der Geburt (9.9.1980, S. 126)
  • Triumph des Lichtes (Deckenfresko) (9.9.1980, S. 126)
  • Apotheose eines jugendlichen Heroen (9.9.1980, S. 126)
  • Glorie der Hl. Agathe (9.9.1980, S. 126)
  • Hl. Sebastian und die Frauen (9.9.1980, S. 126)
  • Paulus Pieterszoon Potter (28.9.1980, S. 154)

Ergänzende Bemerkungen

Illustrationen: 

 

  • Von Amina Handke mit Filzstift geschriebene Wörter (13.8.1980, S. 44)
  • Der Notizbucheintrag vom 14. August ist hinterlegt mit einer Skizze des Friedhofsportals im Stift Griffen und des dort befindlichen »Sitzsteins« (14.8.1980, S. 45), mit der Beschriftung: »Stift Griffen: das Portal zum Friedhof, daneben Briefkasten und Sparkassenfach (links, rechts) [/] Friedhof (grün)«
  • Durch die Notizbuchseite schraffierte Inschrift »TUKAI« (14.8.1980, S. 47)
  • Durch die Notizbuchseite schraffierte Inschrift »POČIVAIO« (15.8.1980, S. 49)
  • Durch die Notizbuchseite schraffierte Inschrift »gospod« (17.8.1980, S. 51)
  • Durch die Notizbuchseite schraffierte Inschrift »KNEZI« (20.8.1980, S. 53)
  • Durch die Notizbuchseite schraffierte Inschrift »ROJENI« (20.8.1980, S. 55)
  • Skizze eines Fensters, über den Text gezeichnet (20.8.1980, S. 56)
  • Durch die Notizbuchseite schraffierte Inschrift »Iuri ILGO« (20.8.1980, S. 57)
  • »das steinerne Bachbett am Wocheiner See [/] 20. August 1980« (S. 58-59)
  • »Tomaj [/] 23. August 1980 [/] abgestorbener Baum hinter der Kirche (O)« (S. 71)
  • Blatt eines Feigenbaums (23.8.1980, S. 73)
  • Skizze einer Flasche und eines Glases (24.8.1980, S. 80)
  • »Hingebungsknicke des Mais [/] (Krajna Vas, 24. August 1980)« (S. 82)
  • »"stara lipa" vor der Kirche von Pliskovica, abgestorbener Ast« (24.8.1980, S. 83)
  • umgestürzter alter Wegweiser »Comeno« (24.8.1980, S. 86)
  • »vor der "leeren Doline"« (25.8.1980, S. 88)
  • »unter dem Vordach der Kirche von Tomaj, mit den zwei Linden davor, und den zwei Säulen, 25. August 1980« (S. 89)
  • Haustorstufen in Görz (26.8.1980, S. 94)
  • vermutlich Skizze von: »Venus vor der Cypresse« in Miramare, Triest (27.8.1980, S. 97)
  • Zeichnung von Amina Handke mit Handkes Beschriftung: »"Herr Stockinger" ("Lehrer") [//] Amina, 3.9.80 [/] Hotel Europa« (S. 106)
  • Zeichnung des Haarwirbels seiner Tochter: »Amina, 3. Sept. 1980, Zug Udine« (S. 108)
  • »blindes Bullauge« (5.9.1980, S. 109)
  • Skizze des Dorfplatzdreiecks in Saak (5.9.1980, S. 110)
  • Skizze eines Bergrückens (evtl. Achomitzer Berg) (6.9.1980, S. 113)
  • Skizzen, evtl. zu Schloss Wasserleonburg (6.9.1980, S. 114)
  • Hausecke zur Straße hin (evtl. in Feistritz) (6.9.1980, S. 115)
  • »("einschichtig im Wald"), St. Magdalenenkapelle mit Dobratsch, 6. September 1980« (S. 117)
  • »Heuharpfen gegen die Sonne gerichtet als Urtiere« (7.9.1980, S. 118)
  • »Tisch« (7.9.1980, S. 121)
  • »der Schloßgiebel der Fabrik« (8.9.1980, S. 129)
  • Bergprofil (13.9.1980, S. 133)
  • Bergprofil (14.9.1980, S. 134)
  • Bergprofil (18.9.1980, S. 140-141)
  • Hand mit Radiergummi und Bleistift / Hand ohne Radiergummi und Bleistift (S. 144-145); laut Aussage von Peter Handke handelt es sich um eine Zeichnung seiner Tochter
  • »gegen Abend, neblig-regnerisch, 24. Sept. 1980« (24.9.1980, S. 147)