Nachmittag eines Schriftstellers (letzte Textfassung)

Typoskript 2-zeilig, 71 Blatt, ohne Datum

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Bei dieser vermutlich letzten Fassung von Peters Handkes Nachmittag eines Schriftstellers handelt es sich um ein zweizeilig getipptes Typoskript im Umfang von 71 Blatt. Es weist zwei voneinander unabhängige Paginierungen auf: Die ersten beiden Blätter wurden wahrscheinlich vom Lektor des Residenz Verlags, Jochen Jung, mit den mit Bleistift eingekreisten Ziffern 3 und 4 versehen. Das dritte Blatt weist hingegen zwei unterschiedliche Zählungen auf: Oben mittig, mit blauer Tinte und eingekreist, wurde die Paginierung Jungs vermutlich durch die Herstellung mit »Seite 5« fortgeführt; rechts oben beginnt auf diesem Blatt die von Handke mit Bleistift von 1-69 eingetragene Seitenzählung. In weiterer Folge werden die von Jung bzw. der Verlagsherstellung paginierten Seiten mit 3a, 4a und 5a angegeben, um sie von den durch Handke paginierten Seiten zu unterscheiden.

Auf dem Titelblatt (Bl. 3a) wurde mit blauer Tinte handschriftlich das »Signet« des Residenz Verlags vermerkt. Das Typoskript ist mit Ausnahme der Titelei (Bl. 3a), der Widmung »für Francis Scott Fitzgerald« (Bl. 4a) und des Mottos »"… es ist alles da, und ich bin nichts" [//] (Goethe, Torquato Tasso)« auf dem letzten Blatt des Typoskripts (Bl. 69) linksbündig und am rechten Rand im Flattersatz abfallend beschrieben. Zwischen dem Blatt mit der Widmung und dem Beginn der Erzählung befindet sich eine nicht paginierte Kopie mit drei unterschiedlichen Beispiel-Schriftmustern für den künftigen Druck (Beilage). Auffällig ist ein Farbbandwechsel von Blatt 16 zu Blatt 17: Das bereits verblasste schwarze Farbband, mit dem die Blätter bis Blatt 16 beschrieben sind, wurde durch ein ins Dunkelviolett changierendes ersetzt.

Auf dem Typoskript lassen sich drei unterschiedliche Korrekturschichten erkennen: Die erste Schicht sind Sofortkorrekturen, die Handke mit der Schreibmaschine vorgenommen hat. Es handelt sich teils um ersatzlose Worttilgungen mit der Type »x«, teils um maschinschriftliche Ersetzungen über der getilgten Textstelle: So wurde zum Beispiel in dem Attribut »automatenhaft« das »enhaft« übertippt und durch ein darüber gesetztes »isch« ersetzt (Bl. 29). Manche dieser Ersetzungen wurden von Handke in einer erneuten Korrektur übertippt (Bl. 14). Durch diese Art der Texttilgung erscheint das Papier an einigen Stellen perforiert. Diese erste Korrekturschicht ist auch auf dem zu dieser Textfassung als Durchschlag erhaltenen Typoskript erkennbar (vgl. ÖLA SPH/LW/27/2). Ebenfalls diesem Revisionsstadium zuzuordnen sind einige kleine, von Handke eigenhändig mit Bleistift durchgeführte Wortergänzungen und Ersetzungen (vgl. Blatt 46). Außerdem wurden zahlreiche durch Sofortkorrekturen ausgeixte Wörter bzw. Wortgruppen zusätzlich mit dem Korrekturzeichen für Tilgung versehen, sporadisch gibt es aber auch neue Streichungen mit Bleistift (Blatt 63).

Die vermutlich zweite Überarbeitungsschicht enthält Bleistiftkorrekturen des Residenz-Lektors Jochen Jung. Dabei wurden orthografische Fehler bzw. Tippversehen ausgebessert sowie Vorschläge stilistischer Art wie Wortumstellungen, Infragestellung von Formulierungen durch Unterwellung einzelner Wörter und Wortgruppen sowie mögliche Streichungen durch das Setzen runder Klammern eingetragen. Des Weiteren kommen handschriftliche Ersetzungen und Einschübe vor, deren Position im Satz durch einen senkrechten Strich markiert ist. Auf Blatt 8 findet sich am linken Blattrand, quer zu den getippten Zeilen, eine handschriftliche Textergänzung Jungs, deren Genese nicht geklärt ist: »Auf einmal hatte er es nicht mehr so eilig. Auf einmal wirkte das ganze leere Haus durch das eine neue Wort warm und wohnlich.« Diese beiden Sätze sind auch in der Buchfassung von Nachmittag eines Schriftstellers enthalten, jedoch um zwei Kommata ergänzt. Kurze, feine, senkrechte Bleistiftstriche und Wellenlinien sowie »?« und »V« (für Einfügung) am linken Zeilenrand verweisen meist auf Texteingriffe in den nebenstehenden Zeilen. Die Bedeutung der Fragezeichen wird jedoch aus dem Kontext nicht immer evident (vgl. Bl. 11). Weitere Einträge Jungs wie etwa die Bestimmung der Schriftart und -größe richten sich an die Herstellung.

Die dritte, fast ausschließlich mit Bleistift durchgeführte Korrekturschicht stammt wiederum von Handke selbst. Die zahlreichen handschriftlichen Wortergänzungen und Ersetzungen, die einzelne Wörter und Satzteile betreffen, sind unmittelbar über den betreffenden Textstellen notiert. Die einzige umfangreichere Textergänzung befindet sich auf Blatt 60 und umfasst zwei Zeilen. Darüber hinaus gibt es Tilgungen mittels Radiergummi (z.B. Bl. 36) und Aufhebungen von eigenen Korrekturen durch Unterpunktung der gestrichenen Stelle (z.B. Bl. 42). Zudem wurden Formulierungen, die Jochen Jung durch runde Klammern als verzichtbar markiert hat, von Handke durch einen waagrechten Bleistiftstrich bestätigend gestrichen (Bl. 5). Neben einer einzigen Korrektur mit schwarzem Fineliner auf Blatt 30 gibt es einige kurze, waagrechte blaue Striche und einen ebensolchen roten auf dem linken Blattrand (Bl. 60), deren Funktion nur vermutet werden kann: Möglicherweise handelt es sich um eine Art Merkzeichen Handkes, an welcher Stelle er den Korrekturvorgang unterbrochen hat. Zusätzliche Unterstreichungen von Wörtern mit Bleistift geben Kursivsetzungen für den Druck an, so zum Beispiel die Unterstreichung des Wortes »Hemmschuhe« (Bl. 41).

Einen Sonderfall stellt die Revision der Kapitelzählung dar: Die ursprüngliche Kapitelstruktur des Textes besteht aus sieben handschriftlichen Bleistiftziffern, die vermutlich die Herstellung eingefügt hat – zusammen mit Hinweisen an den Setzer für die Gestaltung der Zwischenräume. Dieser Einteilung zufolge war das erste Kapitel bei Weitem umfangreicher als die übrigen sechs, weshalb Jochen Jung das erste Kapitel geteilt haben dürfte, indem er eigenhändig die Ziffer »2« auf Blatt 8 eingetragen hat. Die dadurch ausgelöste neue Kapitelzählung ergab die Notwendigkeit, die Kapitelziffern »2« bis »7« zu überschreiben. Die Frage, warum bei der Überschreibung von »2«, »3«, »5« und »6« (Bl. 17, 29, 45, 56) ein schwarzer Fineliner, bei der von »4« und »7« (Bl. 29, 62) hingegen ein Bleistift verwendet wurde, bleibt offen; desgleichen, ob Handke diese Überschreibungen vorgenommen hat oder das Korrektorat des Verlags. Richtungspfeile, die mit blauem Kugelschreiber auf den Blättern 25, 55, 49 und 58 eingetragen sind, dürften der Herstellung zuzuordnen sein, wobei ihre Funktion nicht schlüssig ist. Auf dem Typoskript finden sich keine Hinweise auf den Entstehungs- bzw. Überarbeitungszeitraum dieser Textfassung von Nachmittag eines Schriftstellers. (Silvia Bengesser)

Siglenverzeichnis Editorische Zeichen

Tabellarische Daten

Titel, Datum und Ort

Eingetragene Werktitel (laut Vorlage): 

Peter Handke [/] Nachmittag eines Schriftstellers [//] Erzählung

Beteiligte Personen:  Jochen Jung
Datum normiert:  ohne Datum
Entstehungsorte (ermittelt):  Salzburg

Materialart und Besitz

Besitz:  Literaturarchiv Salzburg
Art, Umfang, Anzahl: 

Typoskript 2-zeilig, 70 Blatt, pag. 3a, 4a, 5a (= pag. 1), pag. 2-69

Format:  A4
Schreibstoff:  Bleistift, Fineliner (schwarz), Füllfeder (blau), Kugelschreiber (blau)
Weitere Beilagen: 

Kopie aus Schriftmusterbuch, 1 Blatt, unpag., zwischen Bl. 4a und 5a des Typoskripts eingelegt

Ergänzende Bemerkungen

Bemerkungen: 

Das Typoskript liegt in einer roten Dreiflügelmappe mit der handschriftlichen Aufschrift des Verlags »Peter Handke [//] Nachmittag eines [/] Schriftstellers«.