Das Spiel vom Fragen (1989)

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Acht Jahre nach Über die Dörfer wendet sich Peter Handke 1988 erneut dem Stückeschreiben zu. Das Spiel vom Fragen oder Die Reise zum sonoren Land zählt zu seinen schwierigsten Stücken. Die Kritik bezeichnete es vielfach als unaufführbares Lesedrama. Am Klappentext zur Buchausgabe heißt es in Frageform: »Ein Lustspiel? Ein Traumspiel? Ein Singspiel? Ein Expeditionsbericht? Eine Life-Reportage? Eine Hintertreppen-Geschichte? Am Ende doch noch ein­mal ein Drama?« Das Stück ist alles zugleich. Es berichtet live von der Suche nach einer neuen Theaterform und ist zugleich ihre Umsetzung. Handke nimmt dafür Figuren, Motive und Theorien seiner bisherigen Werke wieder auf, bezieht sich aber auch auf Modelle anderer Autoren wie Wolfram von Eschenbachs Parzival-Epos, auf Stücke von Raimund, Tschechow, Ibsen und des Japanischen Nô-Theaters sowie auf Filme von John Ford.

Zentrales Motiv im Stück ist die Frage. Fragen ist ein Mittel, Wissen zu er­langen und an der Welt teilzuhaben: sie zu erkennen, zu benennen und zu verstehen. Handke stellt es in einen ästhetischen Zusammenhang. In diesem Sinne ist Das Spiel vom Fragen ein erkenntnistheoretisches Stück – in einem Interview mit der Journalistin Karin Kathrein von 1992 nannte der Autor es spielerisch seinen »Faust«. Richtiges Fragen, richtiges Wissen ist für ihn gerade in der Kunst möglich; es ist die Voraussetzung von Kunst; es auszuüben, ist selber eine Kunst. Im Stück müssen die Figuren diese Kunst erlernen.

Überlegungen zur Frage findet man in Handkes Notizbüchern seit Anfang der 1980er-Jahre, konkrete Aufzeichnungen zum Stück, meist abgekürzt als »DKdF«Die Kunst des Fragens – ab 1986. Die erste Textfassung entstand in der Zeit seiner »Weltreise« zwischen 7. Juni und 4. August 1988 an verschie­denen Orten in Italien und in Paris. Für die Buchfassung überarbeitete Handke den Text im August/September 1988 noch einmal deutlich. Das Spiel vom Fragen wurde am 16. Jänner 1990 am Burgtheater in Wien uraufgeführt. Das Stück wurde von den meisten Kritikern, wie schon bei Über die Dörfer, als unverständliches und unaufführbares Lesedrama abgetan, das erst die Künste Claus Peymanns, Karl-Ernst Herrmanns und der Schauspieler zu einer gelungenen Aufführung verwandelt haben. (kp)

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