Ohne Titel

Notizblock, 98 Seiten, 13.06.1976 bis 04.07.1976

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Beschreibung

In der Zeit von 13. Juni bis 4. Juli 1976 notierte Peter Handke seine Beobachtungen in einen kleinen Notizblock, der eventuell von seiner Tochter Amina selbst gemacht, zumindest aber am Umschlag von ihr mit Mustern gestaltet worden ist. Er zählt 98 Seiten, die von 1-96 paginiert sind, wobei Handke zwei beim Durchzählen übersehene Seiten nachträglich mit den Seitenzahlen 47a und 47b versehen hat. Da sich die Klebung des Blocks durch die intensive Benützung gelöst hat, fixierte Handke die einzelnen Blätter am oberen Rand mit Tesafilm. Dabei dürfte er ein Blatt seitenverkehrt eingeklebt haben, denn auf die Seitenzahl 48 folgen die Paginierungen 50, 49 und 51. Die Schrift unter dem Tesastreifen ist teilweise schlecht zu entziffern. Auch andere, nicht überklebte Einträge in diesem Notizbuch sind nur schwer lesbar und machen den Eindruck, als habe Handke sie beim Gehen oder im Dunkeln geschrieben. Das Gespräch seiner Nachbarinnen am Boulevard Montmorency mitanhörend, kommentierte er sein Notieren auch einmal: »hier bin ich schon daran gewöhnt, im Dunkeln zu schreiben« (S. 20), strich diesen Kommentar aber wieder.

Vorderes und hinteres Vorsatz

Das vordere Vorsatz dieses Notizbuchs besteht aus drei unpaginierten Blättern: Auf der ersten Seite vermerkte Handke seine Adresse am Boulevard Montmorency in Paris und die Adresse des Residenz Verlags in Salzburg mit dem Hinweis »très important!!!« (S. I). Auf der zweiten Vorsatzseite schrieb Amina Handke für ihren Vater eine Widmung bzw. einen Geburtstagswunsch: »bonne fête [/] papa [/] et je t'embrasse beaucoup« (S. II), daneben notierte Handke zwei Adressen, die wohl mit seinem Bruder Hans Handke in Verbindung standen, da über einer Adresse »Wien 11 (Simmering) GASWERK« der Name »Hane« (S. II) steht, wie der Bruder von ihm genannt wurde. Auf dem dritten Blatt listete er Aufenthaltsorte, Reisestationen und Hotels auf: »Paris, Cabourg, Honfleur, Plaza Athenée, Mailand (24./25.6.) (Principe e Savoia) Padua, Arquà Petrarca, Venedig, Florenz, Vicchio, Udine, Tarvis, Velden« (S. III). Am hinteren Vorsatz, der Innenseite des Umschlags, sind Adressen und Telefonnummern notiert (S. I*).

Schreibprojekte

Die Aufzeichnungen wurden von Handke durchgängig datiert. Sie wurden weder am Notizblockvorsatz noch bei den Notizen selbst einem Schreibprojekt zugeordnet, obwohl Handke bereits im vorangehenden Notizbuch mit seinen Recherchen für den geplanten Roman Ins tiefe Österreich begonnen hatte und er im Zeitraum der Entstehung dieses Notizbuchs die Druckfahnen von Die linkshändige Frau korrigierte (Handke / Unseld 2012, S. 308). Hinweise auf die spätere Verfilmung der Erzählung könnte man in Handkes Notizen über das für ihn »richtige« Schauspielen erkennen: »Wer ein Gefühl, das er, wenn auch nur für einen Moment, still für sich gehabt« (S. 77) »hat, ist, wenn er dieses Gefühl ausdrücklich vor anderen wiederholen kann, nicht nur ein, im schönsten Sinn, guter Schauspieler, sondern auch ein IDEALER MENSCH« (S. 74; vgl. auch 63f.). (Auch hier dürften Peter Handke die Blätter durcheinandergeraten sein, weshalb der Eintrag auf S. 77 beginnt, aber auf Seite 74 fortsetzt.) Manche Notizen sind in der dritten Person, der »Er-Form«, verfasst, was bereits auf die intendierte Verwendung für ein Schreibprojekt hindeuten könnte. Zum Beispiel notierte Handke: »Er bemerkte vieles unterwegs, obwohl nichts füllte ihn so aus, daß er die Zeit dabei vergaß« (S. 92). 

Beschreibungen von Bewusstseinseindrücken

Bei den meisten Notizen handelt es sich um Beschreibungen von verschiedenen Bewusstseinseindrücken, Beobachtungen und Geräuschen, im Haus (z.B.: S. 2f., 4ff.), aber auch am Meer (S. 47ff.) oder während einer Zugreise – zum Teil über mehrere Seiten. Dabei werden immer wieder Personen aus Handkes Umfeld erwähnt, die meist durch Initialen abgekürzt werden: seine Tochter »A.« aber auch »Herr G.« und »Frau G.« (Herr und Frau Greinert) oder »S.U.« (Siegfried Unseld), »N.« (Nicolas Born) oder »G.-A« (Georges-Arthur Goldschmidt). Einige der Abkürzungen konnten nicht entschlüsselt werden, z.B.: »L.«, »R.«, »K.«, »J.« oder »B.«. Viele Notate beschäftigen sich mit der Reflexion über die Bedingungen oder Ziele von Wahrnehmungen und deren Aufzeichnungen. Beispielsweise notierte Handke: »ich, Privatdetektiv, der nicht auf was Bestimmtes aufmerksam sein muß, sondern auf alles aufmerksam sein darf« (S. 3); »es ist gar nicht mein Ziel, eins mit der Welt zu sein, aufzugehen, zu verschwinden in der Welt, kein Ziel haben, auf dem Weg bleiben höchstens« (S. 7); oder: »Ich versenkte mich in das, was ich im Augenblick, jetzt, fühlte, um es vor der drohenden Bedeutungslosigkeit zu retten, ihm eine Bedeutung zu geben, die niemanden, keine andere Instanz nötig hat als mich allein« (S. 29). Es gibt, bemerkt er, »[e]in paar Momente vom Tag, wo die schmerzhaft sprachlose Welt spruchreif wird (man konnte eine Sprache finden, arbeitend)« (S. 38) und dann wieder »Tage, an denen die Erscheinungen nur Dinge geblieben sind, die Dinge nur Namen, und alles ist ungut geworden selbst beim Sonnenuntergang« (S. 87). Zu den Wahrnehmungsreflexionen zählen auch Notizen über Halbschlafbilder, in welchen er die für ihn richtigen von den falschen unterscheidet: »Es gelingen mir heute keine Halbschlafbilder – als bestünde ich die Prüfung nicht« (S. 40) und »Falsche Halbschlafbilder (die ich mir vorstelle, statt daß sie geschehen)« (S. 41). Der Großteil dieser Beschreibungen und Reflexionen wurde im ersten veröffentlichten Journal Das Gewicht der Welt (1975) abgedruckt.

Träume und Kindheitserinnerungen

Die von Handke aufgezeichneten Träume handeln immer wieder von seiner Familie in Griffen (vor allem von seiner Mutter und seinem Großvater). Eine derartige Traumnotiz lautet zum Beispiel: »Alle 4 Generationen waren beisammen diese Nacht im Schneesturm: der Großvater, die Mutter, ich und A.; warum wir alle 4 so galgenfröhlich hinaus in den Schnee gingen, weiß ich nicht; die Mutter mit einer jungen, schönen, leuchtend-traurigen Stirn, die ich dem Verleger vorstellte! (Und sie sagten, als ob sie einander kannten, gleich du zueinander)« (S. 15). In einem anderen Traum war Griffen die »Eisenbahnendstation« auf der Strecke »München-Salzburg-G.« (S. 35): »das morgendliche Vogelgeschrei im Garten hatte sich in das gigantische Fröschequaken in einer baumlosen Gebirgslandschaft verwandelt, und meine Mutter und ich saßen da und erwarteten das Erdbeben, wobei mir übel war vom Froschgeschrei aus den Schutthalden« (S. 35). Kindheitserinnerungen notierte Handke auch an einer anderen Stelle, bei der Selbstbetrachtung im Flurspiegel des Luxus-Hotels Plaza Athenée: »mit meinem weißen Anzug und das Gefühl, das sei eine groteske oder auch nur eine lustige Maskerade des Menschen, der vor 25 Jahren mit Eltern und 2 Geschwistern in 1 Raum hauste und im Sommer barfuß zur Schule ging, die Füße dann schwarz {von} den Bodenbrettern des Klassenzimmers, in der Arztwohnung mit dem Arztsohn mich geduldet fühlend in einem einzigen Raum wie in einem Vorzimmer…« (S. 68-69).

Aufenthaltsorte und Reisen

Die Notizen selbst enthalten kaum Anhaltspunkte über die von Handke am vorderen Notizbuchvorsatz aufgelisteten Aufenthaltsorte, Reisestationen und -verläufe. Die ersten Aufzeichnungen entstanden wohl noch in Paris. An welchem Tag er zum Beispiel nach Cabourg aufgebrochen ist, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Am 17. Juni notierte Handke etwa: »Unmut über dieses Wohlgefühl in der klaren Meeresufersonne dieses luftigen Tages« (S. 31). Dass das Meer erwähnt wird, ist aber noch kein eindeutiger Hinweis darauf, dass Handke bereits in Cabourg war, er könnte auch einen Tagesausflug ans Meer unternommen haben.

Cabourg, Honfleur, Pont-Audemer

Das Wochenende von 19. bis 20. Juni 1976 hat Handke jedenfalls mit seiner Tochter Amina und dem befreundeten Ehepaar Greinert in Cabourg verbracht. Ein Eintrag vom 19. Juni gibt an, dass sie sich an diesem Tag alle »[a]uf der Fahrt nach Cabourg« (S. 41) befunden haben (vielleicht haben sie aber schon zuvor Station gemacht). Am 20. Juni dürften sie jedenfalls über Pont-Audemer (S. 52) wieder »im Auto« (S. 54) zurück nach Paris gefahren sein, denn am selben Tag notierte Handke: »Zurück in Paris, nach 2 Stunden Stoppen, Autofahren, Stoppen« (S. 52). Pont-Audemer ist in seiner Aufzählung der Reisestationen am Vorsatz nicht angeführt, dafür aber Honfleur (S. III), eine große Hafenstadt am Meer, die wiederum in den Notizen nicht erwähnt wird. Wann er dort war und ob es sich um eine Zwischenstation am Weg zwischen Cabourg und Paris gehandelt hat, ist unklar.

Paris: Umzug und Plaza Athenée

Aus dem Grandhotel in Cabourg schrieb Handke am 20. Juni 1976 einen Brief an seinen Verleger Siegfried Unseld, in dem er mitteilte: »morgen [ist] der letzte Tag meines Aufenthalts in 77. Bd de Montmorency [...]. Bis Anfang September habe ich keine Adresse: alle Post sollte dann an den Residenz Verlag gehen, weil ich mich irgendwo in Österreich herumtreiben werde ab 2.7.« (Handke / Unseld 2012, S. 308). Die Einträge am 21. Juni berichten über Handkes Auszug aus der Wohnung am Boulevard Montmorency im 16. Pariser Arrondissement. »Aus der Wohnung ausgezogen, ohne Spuren zu hinterlassen: das Gefühl, {als} ob ich entkommen sei (auch beim letzten Lichtausknipsen hat mich nicht der immer gefürchtete elektrische Schlag getroffen[)]« (S. 53). Es handelte sich, wie er Unseld geschrieben hatte, um keinen Umzug in eine andere Wohnung, seine Möbel dürfte er den Sommer über bei einer Spedition zwischengelagert haben. Die auf den Auszug folgenden Tage bis zum Schulschluss seiner Tochter (S. 65) und bis zur Abreise nach Italien verbrachte Handke im Pariser Luxushotel Plaza Athenée in der Rue Montaigne (S. 65-73).

Mailand, Padua, Arquà Petrarca, Venedig

Am 24. Juni 1976 reiste Peter Handke mit seiner Tochter zuerst für zwei Tage »(24./25.6.)« (S. III) nach Mailand, wo er im Hotel »Principe e [Di] Savoia« (S. III) abstieg, dann, am 26. Juni weiter nach Padua und Arquà Petrarca (S. 78), wo die Petrarca-Preisverleihung an Ernst Meister und Sarah Kirsch stattfand. Nach der Preisverleihung dürfte er zwischen 27. und 30. Juni weitere vier Tage in Venedig und auf Torcello (S. 80, 82) geblieben sein. In dieser Zeit traf er auch seinen Verleger Siegfried Unseld und notierte: »Ich mache S.U. Vorschläge zu einer Lebensart, zu Lebensarten, die ich aus eigener Anschauung kenne, aber nicht habe – und er nimmt sie sofort an, weil er sie braucht, brauchen kann, nötig hat + damit zufrieden ist, während ich damit nicht zufrieden sein kann, oder nur ganz kurz« (S. 81).

Florenz-Vicchio, Friaul und Kärnten

Am 30. Juni reiste Handke weiter nach Florenz, Vicchio, und am 3. Juli, nun alleine, ohne seine Tochter Amina, die mit ihrer Mutter in Italien blieb, über das Friaul (Gemona, Udine) und Thörl-Maglern (S. 94) nach Velden (S. 94) in Kärnten. Tarvis wurde nur am vorderen Vorsatz (S. III) erwähnt, nicht aber in den Notizen. Die Zugreise wurde von Handke ausführlich beschrieben, wobei er, ohne Absätze zu machen, in einem durch notierte.

Lektüre

Das Notizbuch gibt nur wenige Hinweise auf Lektüren: In einer Notiz über Siegfried Kracauers Fragmente über Geschichte betont Handke seine andere Auffassung von Historie: »er [Kracauer] sagt ungefähr, die Geschichte sei ihm wichtig geworden, weil sie auf ähnliche Weise "Entfremdung" (nicht Verfremdung) bewirke wie die Photographie: genau das ist das Fürchterliche an der Geschichte, während doch Kracauer das mit der "Entfremdung" ganz emphatisch meinte« (S. 16f.). Er schrieb sich einen Satz aus Heimito von Doderers Die Strudlhofstiege auf, deren Lektüre bereits im vorangehenden Notizbuch dokumentiert ist: »"Wenn die Phantasie fehlt, weiß die Vernüftigkeit gleichsam nicht, was sie tut, sie operiert mit Namen statt anschaulichen Bildern, und die lassen sich leichter heben, sozusagen."« (S. 75) Ein anderer Eintrag dürfte sich schließlich auf Gedichte von Ernst Meister beziehen, zu dem Handke mit einiger Bewunderung notierte: »Wie kann man diese monumentale Größe des Sich-Ausdrückens schaffen wie E.M. z.B.: indem man lebt ohne Halt« (S. 81).

Illustrationen

Das Notizbuch enthält nur wenige Zeichnungen des Autors, darunter eine nur 1 x 1 cm messende Skizze einer Umkleidekabine am Strand von Cabourg (S. 47a), eine Skizze von der »Hand-haltung Jesu in der Basilika von Torcello« (S. 82) oder von einem nicht eindeutig zu identifizierenden Motiv – vielleicht einer von ihm in den Notizen beschriebenen Wäscheklammer (S. 91). Alle anderen Zeichnungen stammen von seiner Tochter Amina (S. 79-86, 96). (kp)

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Werkbezüge

Das Gewicht der Welt

Der von seiner Tochter Amina gestaltete Notizblock mit Peter Handkes Aufzeichnungen aus der Zeit von 13. Juni bis 4. Juli 1976 umfasst 98 Seiten, die von 1-96 paginiert wurden, wobei die Seitenzahlen 47a und 47b nachträglich eingefügt wurden. Um die Klebung des Blocks zu stabilisieren, wurden die einzelnen Blätter am oberen Rand mit Tesafilm fixiert. Dabei dürfte ein Blatt seitenverkehrt eingeklebt worden sein, denn auf die Seitenzahl 48 folgen die Paginierungen 50, 49 und 51. Die Schrift unter dem Tesastreifen ist teilweise schlecht zu entziffern. Das vordere Vorsatz besteht aus drei unpaginierten Blättern mit Handkes Adressen in Paris und Salzburg (S. I), einer Widmung seiner Tochter (S. II) und einer Auflistung seiner Aufenthaltsorte, Reisestationen und Hotels: »Paris, Cabourg, Honfleur, Plaza Athenée, Mailand (24./25.6.) (Principe e Savoia) Padua, Arquà Petrarca, Venedig, Florenz, Vicchio, Udine, Tarvis, Velden« (S. III). Am hinteren Vorsatz, der Innenseite des Umschlags, sind Adressen und Telefonnummern  notiert (S. I*). Der Notizblock enthält keine Zuweisungen zu Schreibprojekten.

Ungefähr die Hälfte der Aufzeichnungen wurde von Peter Handke in sein Journal Das Gewicht der Welt übernommen, darunter auch die über mehrere Seiten verlaufenden Beschreibungen von Bewusstseinseindrücken wie Geräuschen und Landschaftsstimmungen, vor allem aber die Reflexionen über die Bedingungen und Ziele seines Wahrnehmens und Schreibens. Die Einträge machen im Journal nicht ganz 21 Seiten aus (DGW 186-207). Die Datierungen der Notizen im Notizblock und im Journal stimmen überein. Gänzlich ausgelassen wurden die während seiner Reise von Florenz über das Friaul nach Österreich entstandenen Notate im hinteren Teil des Notizbuchs.

Überarbeitung der Notizen

Für die Übernahme wurden die meisten Notizen leicht überarbeitet, ergänzt oder gekürzt. Personennamen wurden generell gestrichen, Initialen vertauscht oder durch allgemeine Bezeichnungen wie »Mann«, »Fau« oder einfach durch den Beruf ersetzt; so spricht im Journal »die Bewohnerin mit ihren Freundinnen melodiös über das Aussehen von Politikern« (DGW 190), in den Notizen hat sie »über [Valéry Marie René] Giscard geredet« (S. 20). Die wenigen im Notizbuch genannten Ortsnamen wurden im Journal weggelassen oder durch allgemeine Ortsbezeichnungen ausgewechselt. »Die Fahrt nach Cabourg« (S. 41) wurde im Journal zur »Fahrt ans Meer« (DGW 195). Persönliche Bemerkungen über andere Personen oder Aufzeichnungen von Träumen fehlen im Journal. Aus der folgenden Notiz wurde beispielsweise nur der erste Teil übernommen: »Eine Nacht, so geladen von Träumen, dröhnend, schwirrend, durchgejagt, aufgebraucht, aufgezehrt, aufgesaugt, außer Atem davon, daß keinen Moment daneben, wie doch sonst immer, das Gefühl des Schlafens möglich war (aber auch aufgewacht bin ich kein einziges Mal): G. war auf einigen Zügen als Eisenbahn-Endstation geschildert ("München-Salzburg-G."), und ich wunderte mich, daß G. an der Eisenbahnlinie lag; das morgendliche Vogelgeschrei im Garten hatte sich in das gigantische Fröschequaken in einer baumlosen Gebirgslandschaft verwandelt, und meine Mutter und ich saßen da und erwarteten das Erdbeben, wobei mir übel war vom Froschgeschrei aus den Schutthalden« (S. 35). Im Journal lautet sie: »Eine Nacht, so geladen von Träumen, schwirrend, dröhnend, durchgejagt, schließlich aufgezehrt, aufgesaugt, daß keinen Moment nebenbei, wie doch sonst immer, das Gefühl des Schlafens sich einstellte« (DGW 193).

Häufig sind kleinere Überarbeitungen wie die Präzisierung einzelner Wörter – statt »Restaurantfrau« (S. 19) heißt es im Journal »Patronin des Restaurants« (DGW 190) oder: »Meine Scham, die Leute mit meinem plötzlichen leidenschaftlichen Reden so zu überrennen« wird im Journal zu: »Meine Befürchtungen, die Leute mit meiner zuzeiten leidenschaftlichen Redelust so zu überrennen« (DGW 190). Manche in Klammer gesetzte Kommentare wurden weggelassen, andere hinzugefügt. Zum Beispiel fehlt bei der Notiz »Weil ich nichts Bestimmtes bin, kann ich über mich hinausdenken« (DGW 193) der Kommentar »(Schriftsteller)« (S. 34).

In einem langen, im Journal unter dem Datum des 19. Juni abgedrucktem Notat, welches beginnt mit »In der Nacht, bei Ebbe, ist das Meer wie erstarrt« (DGW 197), wurden mehrere Notizbucheinträge von den Seiten 47, 47a, 47b, 48 und 49 zu einem zusammengefügt, wobei Teile ausgelassen wurden. (kp)

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Tabellarische Daten

Titel, Datum und Ort

Zusätzlich eingetragene Werktitel:  [nicht erfasst]
Beteiligte Personen:  Amina Handke
Entstehungsdatum (laut Vorlage):  {13.6.} [S. 1]; 14.6. [S. 8], 15.6. [S. 15], 16.6. [S. 25]; 17.6. [S. 30]; 18.6. [S. 35]; 19.6. [S. 40]; 20.6. [S. 49]; 21.6. [S. 53]; 22.6. [S. 56]; 23.6. [S. 62]; 24.6. [S. 68]; 25.6. [S. 77]; 26.6. [S. 78]; 27.6. [S. 80]; 28.6. [S. 80]; 28.6. [sic! vermutlich 29.6., S. 82]; 30.6. [S. 82]; 1.7. [S. 84]; 2.7. [S. 84]; 3.7. [S. 88]; 4.7. [S. 94]; Juni-Juli 1976 [Beilage]
Datum normiert:  13.06.1976 bis 04.07.1976
Entstehungsorte (laut Vorsatzblatt): 

Paris, Cabourg, Honfleur, Plaza Athenée, Mailand (24./25.6.) (Principe e Savoia) Padua, Arquà Petrarca, Venedig, Florenz, Vicchio, Udine, Tarvis, Velden

Zusätzlich eingetragene Entstehungsorte: 

Rue de l'Assomption [im 16. Arrondissement von Paris, evt. Notizennachtrag, 17.6., S. 32]; Cabourg [19.6., S. 41]; P. Audemer [Pont-Audemer, 20.6., S. 52]; Zurück in Paris [20.6. S. 52]; im Hotel [vermutlich im Plaza Athenée in Paris, 23.6., S. 66]; Italien [24.6., S. 75]; Piazza della Repubblica [Mailand; 25.6., S. 77]; Padua, Arquà Petrarca [26.6., S. 78]; Markusplatz [Venedig, 27.6., S. 80]; Torcello [28.6., S. 82]; Venedig [ein Spatz, der Zucker aufpickt, evt. nachträglich notiert, 30.6., S. 82]; Florenz [ein Spatz, der Ameisen aufpickt, 30.6., S. 83]; Florenz-Vicchio [1.7., S. 84]; Vicchio [2.7., S. 84]; Gemona [3.7., S. 89, 92]; Osoppo [zw. Gemona und Udine, 3.7., S. 92]; Via Cesare Augusto [Udine, 3.7., S. 93]; Thörl-Maglern [3.7., S. 94]; Velden [3.7., S. 94]; Ö. [Österreich, 3.7., S. 94]

Materialart und Besitz

Besitz 1:  Deutsches Literaturarchiv Marbach
Art, Umfang, Anzahl: 

Notizblock, selbst angefertigt (?) und gestaltet von Amina Handke, 98 Seiten, I-III, pag. 1-47, 47a, 47b, 48, 50, 49, 51-96, I*

Format:  7,7 x 11 cm
Schreibstoff:  Füllfeder (blau), Fineliner (rot, schwarz), Kugelschreiber (blau)
Weitere Beilagen: 
  • Papierstreifen mit Klebespuren und hs. Datierung »Juni - Juli 1976«, eingelegt beim vorderen Vorsatz
  • getrocknete Pflanze (am DLA aus konservatorischen Gründen separat abgelegt) zwischen S. 36/37

Nachweisbare Lektüren

  • Siegfried Kracauer: Fragmente über Geschichte (S. 16f.)
  • Heimito von Doderer: Die Strudlhofstiege (S. 75)
  • Erwähnung von »E. M.« (Ernst Meister) (S. 81)

Film:

  • Taxi Driver (S. 36)

Ergänzende Bemerkungen

Illustrationen: 

 

  • Umschlag gestaltet von Amina Handke
  • kleine (1 x 1 cm) Skizze einer Umkleidekabine (S. 47a)
  • 1 kleine Zeichnung der »Hand-haltung Jesu in der Basilika von Torcello« (S. 82)
  • verschiedene kleine Zeichnungen von Amina Handke (S. 79-86)
  • Skizze (Motiv unklar, evt. eine Wäscheklammer) (S. 91)
  • Zeichnung von Amina Handke, 20. Juni 1976 (S. 96)
Bemerkungen: 

 

  • Seiten II, 86 und 96 von Amina Handke beschrieben
  • Notizbuch restaurierungsbedürftig